Liebste Bürger und deren Frauen,

wie immer am Jahresende bleibt die Zeit zurückzuschauen, zu reflektieren, was wir dieses nun vergehende Jahr erlebt und geleistet haben. Auch heuer war dies beträchtlich und die Reflektion auf das Alte hilft uns für das Neue.

Naturkatastrophen haben für eine neue Form der musikalischen Zensur gesorgt, wir wurden nicht unverdient Fußballweltmeisterin, ein ungeschlechtlicher Mann aus Bayern bestieg die Zentrale eines südeuropäischen Landes, die Euroumstellung nahm uns die letzten Freuden am Kapitalismus, der Solidaritätszuschlag wandert fleißig aus unseren Geldbeuteln, die Tochter eines atheistischen katholischen Pfarrers aus Westpolen wurde neue deutsche Bundeskanzler und jeder von Ihnen, außer die Herren Beckmann und Kerner, haben ihre Pflicht und Arbeit getan, dass wir immer noch mit Stolz behaupten können, eine starke Nation zu sein.

Ich, und ich meine da mich mit ich, freue mich auch im nächsten Jahr, mich in die Fackelzüge der Lynchfestspiele zu Hamminkeln einzureihen, meine Freunde aus Russland in einer Schweizer Bank zu treffen, Sie alle wieder bei der Arbeit zu beobachten, dieses Land weiterhin zu erregieren und uns alle bei den Hantelstemmweltmeisterschaften mitfiebern zu sehen. Mit Fiebern jeglicher Art werden unsere Auslandstouristen heimkommen, die Daheimgebliebenen dürfen sich wohl bei Döner und Burger ihren endoterritorialen Wärmeüberschuss besorgen können.

Hitzig wird es auch sicher in den Stadien zugehen, wenn sich die Weltelite der Fußballhooligans in unserem lauschigen Land treffen, um dort die Titelkämpfe auszufechten. Zudem werden wir unverhofft einen Krieg mit Dänemark beginnen zu dem ich Sie heute schon recht herzliche auffordere und einlade, zumal zig Züge für zehntausende, freiwillige Wehrdienstleistende schon bereit stehen, damit diese leidige Angelegenheit schnell mit der zahlenmäßigen Übermacht beendet werden kann.

Erfreulich wird auch sicher der Beginn der Bauarbeiten für mein Mausoleum, das ich für die Erinnerung an meine Leistungen geplant habe. Der Entwurf der Architekten Beckham, Duisenberg und Feldbusch sieht eine hundertundfünfzig Meter hohe Pyramide vor, die von einer kolossalen Glaskuppel überspannt wird. Die Wolfsburger werden sich daran sehr berauschen, denn ich habe vor, meine Vision von erlebter Geschichte auf deren Stadtgebiet zu verwirklichen. Das Opfer, das diese tapferen Leute auf sich nehmen, nämlich ihre Stadt für das bescheidene Grab ihres Staatsführers herzugeben und sich dann auch zu meinem Schutze mit in die Pyramide einmauern zu lassen, sollte für uns ein leuchtendes Vorbild sein, wie wir uns im kommenden Jahr weiterentwickeln können. Stecken Sie sich ein Ziel und glauben Sie mir, Sie können es verwirklichen.

The future – together – now!

Ich wünsche Ihnen allen ein frohes und prosperierendes Jahr und ruhen Sie unsanft!

Jorge del Campo publico, Bundespräzedent

 


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